Sonntag, 25. Juni 2023

9. Leseprobe - Östlicher Widerstand - "Was die Stunde schlägt..." H.P. - RotFuchs

 9. Leseprobe


„WAS DIE STUNDE
   SCHLÄGT...
SOLANGE LEBEN IN UNS IST“

     

So der Titel eines neuen Sachbuches mit 696 Seiten von Harry Popow.  
 
Format: DIN A5, Taschenbuch 125x190 Softcover 90g creme, matt
Erscheinungsdatum: Mai 2023
ISBN: 9783757549183
Sprache: Deutsch
Preis: 22,99 Euro
Zu bestellen:


Zu bestellen: https://www.epubli.com/shop/was-die-stunde-schlaegt-9783757549183



Seiten 127 - 133

Östlicher Widerstand


In letzter Zeit liest man in der Presse wieder des öfteren über ihn – den Ossi, ein den Regierenden augenscheinlich immer noch unbekanntes Wesen. Die Menschen im Osten gehen plötzlich auf die Straße, um gegen die Politik derer zu demonstrieren, welche gerade die Wirtschaft, den Frieden mit Russland und die allerletzten demokratischen Reste dieser Bundesrepublik zum Teufel jagen. An den Demonstrationen beteiligen sich Tausende, und von Woche zu Woche werden es mehr. Warum ist das so?

Es ist schon interessant festzustellen, daß auch 32 Jahre nach der sogenannten Deutschen Einheit bei den Herrschenden offenbar keinerlei Kenntnisse über die mentale Beschaffenheit jener vorhanden ist, die 1990 in den zweifelhaften Genuß dieser „Einheit“ gekommen sind. Ich denke, die Gründe, warum Menschen hier anfangen, zu protestieren, sind sehr vielschichtig. Zunächst spielen die vielen Denkverbote, welche die freie Meinungsäußerung in der BRD längst zur Karikatur gemacht haben, eine nicht unwichtige Rolle. Allein der ständige Druck, ganz einfache Meinungen oder Tatsachen nicht mehr aussprechen zu können, ohne sofort zum sozialen Abschuss freigegeben zu werden, löst Wut und Frust aus. Menschen, die einfach nur für Frieden mit Russland sind, werden als Rechte denunziert oder der Lächerlichkeit als „Putin-Trolle“ preisgegeben. Wer nicht bereit ist, an den Blödsinn vom „Frieren für den Frieden“ zu glauben, gilt als Vaterlandsverräter und wer einfach nur nicht vergessen hat, daß die Geschichte der Ukraine nicht erst am 24. Februar 2022 begann, löst Schnappatmung bei den Oberen aus. Ich wurde 1965 in der DDR geboren und ich bin mir meiner Wurzeln bewußt, denn auch mein Leben begann nicht erst im Februar dieses Jahres.

Wir wurden wirklich zur Friedensliebe erzogen, und Völkerverständigung war nicht nur eine Floskel. Viele Menschen hatten gute Beziehungen zur Sowjetunion und ihren Menschen und die Vermittlung von Wissen über die russische Kultur gehörte zum Lehrplan an jeder Schule. Meine Erinnerungen an die sowjetischen Soldaten, die Literatur eines Puschkin, Tolstoi, Dostojewski oder eines Maxim Gorki, der Musik von Tschaikowski bis Schostakowitsch sind durchweg positiv, und Buratino war mir ebenso wie „Hase und Wolf“ ein lieber Begleiter meiner Kindheit. Bei uns gab es auch nie dieses Maß an Überlegenheitsdünkel gegenüber anderen Völkern, wie ich ihn heute erlebe und wie er in der alten BRD gegenüber allem, was östlich der Elbe war, nie ganz verschwunden war. Unvergessen, aber auch unverziehen und ungesühnt im Osten sind die Verwerfungen nach 1990. Erwähnt sei hier nur die Treuhand, die Deindustrialisierungspraxis und dergleichen mehr.

Erwähnt werden müssen aber neben den kolonialistischen Erfahrungen auch die tiefen Demütigungen, die Millionen Ostdeutsche erfuhren, indem schlicht und einfach kübelweise Arroganz über sie ausgegossen wurde und eigentlich immer noch wird. Nie werde ich die Worte des westdeutschen Juristen Arnulf Baring vergessen und nie werde ich sie verzeihen können: „Das Regime hat fast ein halbes Jahrhundert die Menschen verzwergt, ihre Bildung verhunzt. Jeder sollte nur ein hirnloses Rädchen im Getriebe sein, ein willenloser Gehilfe. Ob sich dort heute einer Jurist nennt oder Ökonom, Pädagoge, Psychologe, Soziologe, selbst Arzt oder Ingenieur, das ist völlig egal. Sein Wissen ist auf weite Strecken völlig unbrauchbar ... viele Menschen sind wegen ihrer fehlenden Fachkenntnisse nicht weiter verwendbar ...“ Für mich waren diese Worte der „Willkommensgruß“ der BRD, und sie haben meine Haltung zu ihr bis heute geprägt. Ich denke, die Deutschen als Nation mit einem gesunden Wir-Gefühl, vor dem sich andere Völker nicht fürchten müssen, gibt es nicht. Die jüngsten Entwicklungen bestätigen das und die inneren Risse und Wunden ebenfalls. Ich habe begriffen, daß eine Einheit unter kapitalistischen Bedingungen gar nicht möglich ist. Heute würde der aufmüpfige Jugendliche von einst 99 % vom dem, was er einst in Staatsbürgerkunde lernte, unterschreiben.

Tatsache ist: Ich habe mich über die DDR oft geärgert. Ich musste mich ihrer aber nie schämen, und sie hat mich und meine Mitmenschen auch nie in Lebensgefahr gebracht. Das sind Dinge, die ich angesichts der vom Westen ausgehenden steigenden Kriegsgefahr und der Hetze gegenüber Russland und China erst heute erlebe. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich einmal ganz real in einem solchen Albtraum leben würde, den ich in der DDR sicher in Geschichtsbüchern eingeschlossen glaubte. Aber ich denke, daß es auch im Westen eine wachsende Angst davor gibt, daß viele sorgsam über die Jahrzehnte gepflegte Lebenslügen einfach platzen könnten, wenn dieses Gesellschaftsgefüge ins Trudeln geraten sollte. Mal angenommen, das tolle Gefühl, der große Sieger der Geschichte zu sein, zerplatzt wie eine Seifenblase und die Zeiten, in denen der Westen den Text der Geschichtsbücher diktiert, sind vorbei. Mal angenommen, in ihnen stünde dann die Wahrheit darüber, wer Deutschland wirklich geteilt hat und wer erklärte: „Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb“.

Mal angenommen, Kinder in der Schule würden erfahren, wer Globke, Oberländer und Filbinger wirklich waren, was mit den sorgsam verdrängten Berufsverboten und den Abertausenden geschah, die im Zuge des KPD-Verbots und der Wiederbewaffnung politisch von alten Nazi-Richtern verfolgt wurden. Und man würde mit ihnen die Frage diskutieren, ob das Vorgehen 1990 wirklich eine Wiedervereinigung oder nicht doch eher eine feindliche Übernahme war, die man die Übernommenen noch heute spüren läßt. Das bessere Deutschland, für das wir kämpfen müssen, braucht keine Lebenslügen, keine permanente Selbstbeweihräucherung und keinen Haß gegen andere Völker. Es muß ein ganz anderes Deutschland mit anderen friedlichen Prioritäten, anderen Eigentumsverhältnissen und anderen Formen der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums sein. Ich glaube schon lange nicht mehr, daß sich diese BRD noch „reparieren“ läßt. Was wir brauchen ist Widerstand gegen die heutigen Machtverhältnisse, denn wir werden von Leuten regiert, die uns in eine Apokalypse stoßen wollen. Und was das angeht, sitzen wir in Ost und West wirklich in einem Boot. Hier ist die Einheit real. Ulrich Guhl Strausberg Bruni Büdler aus Berlin begeht am 14. Dezember ihren 85. Geburtstag. Bruni ist seit 20 Jahren fest mit dem „RotFuchs“ verbunden. Sie arbeitet aktiv im Versandkollektiv mit und engagiert sich bei der Werbung für unsere Zeitschrift. Wir gratulieren Dir, liebe Bruni, sehr herzlich und sagen Danke für Deine zuverlässige und selbstlose Unterstützung und Hilfe.

https://www.rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2022/RF-299-12-22.pdf


Einladung zu einem weiteren Buch von Autor Harry Popow unter dem Titel „DER SCHÜTZE VON SANSSOUCI“:




Das Buch (ISBN 9783757535292) hat 704 Seiten und kostet 24,99 Euro. Erscheinungsdatum: 04.04.2023. Die email-Adresse des Verlages für eine Bestellung des Buches:


https://www.epubli.com/shop/der-schuetze-von-sanssouci-9783757535292


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