Mittwoch, 1. April 2020

CHINA: NORMALISIERUNG SCHRITT FÜR SCHRITT - Thomas Röper



Bericht aus China: Wie Leben und Wirtschaft nach dem Lock-Down wieder in Gang kommen


VERÖFFENTLICHT VON LZ ⋅ 1. APRIL 2020


von Thomas Röper – https://www.anti-spiegel.ru

Inzwischen wird in Deutschland die Frage diskutiert, wie man die Wirtschaft nach dem Lock-Down wieder hochfahren kann. Dabei muss man das Rad nicht neu erfinden, ein Blick nach China, wo genau das derzeit geschieht, kann helfen.

Das russische Fernsehen hat am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ darüber berichtet, wie sich das Leben in China nun Schritt für Schritt wieder normalisiert, nachdem es durch das Coronavirus weitgehend zum Erliegen gekommen ist. Da auch in Deutschland die Frage nach dem „was dann?“ immer öfter gestellt wird, habe ich den Beitrag des russischen Fernsehens übersetzt.

Der Beitrag zeigt viele interessante Aufnahmen von technischen Lösungen, weshalb es sich lohnt, den Beitrag auch anzuschauen. Zusammen mit meiner Übersetzung sollte er auch ohne Russischkenntnisse verständlich sein.

Beginn der Übersetzung:

China war das erste Land, das von COVID-19 getroffen wurde. Als erstes Land hat es die Infektion gestoppt. Und jetzt ist China das erste Land, das nach der Epidemie die Rückkehr in ein normales Leben erlebt. Dabei ist es das wichtigste, nichts zu übereilen, denn wenn man alle Einschränkungen auf einmal fallen lässt, alle auf der Straße gehen und sich verhalten, als ob nichts passiert ist, kann das Virus zurückkehren.

Nach zwei Monaten strengster Quarantäne kommt das gebeutelte Hubei aus seiner völligen Isolation heraus. Hier fahren wieder Züge. Flugzeuge fliegen wieder. Man kann sogar die Grenze der Provinz mit dem Auto überqueren – vorausgesetzt, man hat kein Fieber und eine spezielle App zeigt den „grünen Code“ – die Garantie, dass man keinen Kontakt mit Infizierten hatte. Eine halbe Million Autos passierten den Checkpoint innerhalb von 24 Stunden.

Die vollständige Aufhebung der Beschränkungen gilt noch nicht für Wuhan selbst. Von dort darf man erst ab dem 8. April abreisen. Aber der öffentliche Nahverkehr arbeitet hier schon wieder. In die Züge einsteigen darf man erst nach der Genehmigung einer speziellen App. In der U-Bahn wird ständig gewarnt: „Nehmen Sie Ihre Masken nicht ab.“

„Wir haben so auf diesen Tag gewartet und die Tatsache, dass wir jetzt wieder arbeiten, bedeutet, dass das Leben in unserer Stadt bald so sein wird, wie es früher war“, sagte einer der U-Bahn-Beschäftigten.

„Wie früher“ wird es nicht so bald, denn in den Kliniken sind immer noch etwa viertausend Patienten, viele in einem ernsten Zustand. Ärzte kämpfen weiterhin um jedes Leben. Und die Vorsichtsmaßnahmen bleiben maximal: Desinfektion, Isolation, Abstand.

Ganze Viertel sind in Peking immer noch von Stacheldraht umgeben, denn trotz des Rückgangs der Epidemie sind Passierscheine hier nach wie vor nötig. Man kann nicht in einen anderen Hinterhof gehen. Nicht einmal in einen Laden, wenn da einer ist. Wenn Sie etwas kaufen möchten, wählen Sie aus der ausgehängten Liste, dann klingeln Sie und der Verkäufer bringt es auf die Straße und reicht es über den Zaun.

Mit der Zeit haben die Menschen sich in den Monaten der Epidemie an Barrieren und Beschränkungen gewöhnt. Dan Minkai überwindet sie jede Minute. Er arbeitete als Stylist in einem hippen Friseursalon. Aber wegen der Epidemie schloss der Salon. So musste er als Kurier arbeiten.

„Um einen Job zu finden, bin ich sogar in eine andere Stadt gezogen. Das Gehalt ist halb so hoch, wie vorher, ich muss an allem sparen. Aber wissen Sie, was schön ist? Einige Kunden verstehen, dass wir ein großes Risiko eingehen, weil wir die ganze Zeit radfahren und manchmal bestellen sie etwas extra. Und dann geben sie uns zum Beispiel Tee und Milch“, sagte der Mann.

Allein dieser Lieferservice hat fast 350.000 Mitarbeiter wie Dan eingestellt. Friseure, Fitnesstrainer, Lehrer, Gastronomen, alle, die durch die Epidemie ihre Arbeit verloren haben, dafür ist der Online-Handel um ein Vielfaches gewachsen. Und selbst jetzt, wo die Läden wieder zu öffnen beginnen, locken Verkäufer Kunden mit Live-Streams. Traditionelle Einkaufszentren erwachen jedoch bereits zum Leben. Aber die Hauptsache für die zweitgrößte Wirtschaft der Welt ist die Wiederherstellung der Produktion, deren Stilllegung bereits enorme Verluste gebracht hat.

Hier in Wuhan hat der lokalen Autoriese die Produktion an allen drei Standorten wieder gestartet. Letztes Jahr produzierte er mehr als 700.000 Autos, aber um die Messlatte in diesem zu halten, wird er sich anstrengen müssen.

„Natürlich hat die Stilllegung unserer Werke die Zusammarbeit mit Lieferanten und Händlern beeinflusst. Und das alles muss dringend wiederhergestellt werden, sonst werden die Verluste sowohl das Unternehmen, als auch das Personal treffen“, sagte Li Shikan, Manager bei Dongfeng Honda Automobile.

Am stärksten hat das Coronavirus die Provinz Hubei getroffen, deren Anteil am chinesischen BIP schon immer signifikant war, es eines der wichtigsten Industriezentren und Verkehrsknotenpunkt des Landes ist und ihm stehen harte Zeit bevor, weshalb die Regierung besondere Unterstützungsmaßnahmen angekündigt hat: ein Teil der Steuern und Sozialabgaben werden abgeschafft, Hilfsleistungen werden eingeführt. Das hat auch großen Industriekonzernen wie Lenovo und Unternehmen der Landwirtschaft bereits geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Chinesische Unternehmen führen eine verkürzte Arbeitswoche ein, aber nicht, um das Risiko einer Infektion des Personals zu verringern, sondern damit die Chinesen den zusätzlichen freien Tag nutzen, wieder massiv Geld auszugeben, um kleinen Unternehmen zu helfen. Schließlich haben Restaurants und Sehenswürdigkeiten bereits geöffnet. Hier sind die ersten Besucher seit ein paar Monaten, die die chinesische Mauer besuchen.

Alle neuen Infektionsfälle in China werden jetzt – wie sie hier sagen – aus dem Ausland importiert. Deshalb wurden die Grenzen für Ausländer geschlossen, alle anderen werden vom Flughafen sofort in eine zweiwöchige Quarantäne in spezielle Isolationszentren gebracht. Aus der Quarantäne zu entkommen, auch aus der häuslichen, ist unmöglich. Alle beobachten genau. Hier ist eine Frau aus Australien, die in China arbeitet, die joggen wollte. Sie kam nicht bis zum Aufzug, als bereits ein Anruf einging. Und sofort wurde sie entlassen und abgeschoben.

Für künstliche Intelligenz ist eine Gesichtsmaske kein Problem mehr. Das System hat gelernt, Gesichter zu erkennen, auch wenn sie teilweise verdeckt sind.

„Der Abstand zwischen Augen, Augenbrauen, Lippen, der Abstand von ihnen zu den Lippen, von den Augen zu den Ohren, jeder Mensch hat einzigartige Proportionen. Und selbst wenn einige dieser Daten unsichtbar sind, können wir sie immer noch mit einer Genauigkeit von bis zu 90 Prozent identifizieren“, erklärt einer der Programmierer.

Das Programm wird bereits von Dutzenden von chinesischen Unternehmen verwendet, zumal die Entwickler es mit Körpertemperaturmessung kombiniert haben. Die Epidemie hat der Entwicklung der Hochtechnologie neue Impulse verliehen und sie konzentrieren sich nun auch auf den Kampf gegen die Krankheit.

Ende der Übersetzung

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