Samstag, 22. September 2018

AUGEN ZU BEI KRIEGSGESCHREI? - siehe Nachdenkseiten



22. September 2018 um 13:33 Uhr | Verantwortlich: Albrecht Müller

Wir sind dem Feindbildaufbau und der Kriegsvorbereitung schutzlos ausgeliefert



Veröffentlicht in: Das kritische Tagebuch


Albrecht Müller


Schon die Spitzen unseres Staates fallen aus: Bundeskanzlerin Merkel sollte vor Krieg und Militäreinsätzen schützen. Sie tut das Gegenteil. Seit langem unterstützt sie Frau von der Leyen bei ihren Forderungen nach mehr Geld fürs Militär, zuletzt bei deren Votum zum Kriegseinsatz in Syrien. Siehe Merkel im Deutschen Bundestag am 12. September. Zwischen Merkel und von der Leyen passt kein Blatt. – Bundespräsident Steinmeier sollte uns schützen. Er heizt stattdessen den West-Ost-Konflikt an. Er führt einen weiteren Nachbarn Russlands, Finnland, an die NATO heran. Er tut dies in Kenntnis dessen, dass die Ausdehnung der NATO bis zur russischen Grenze in Russland besonders bitter aufstößt. – Die ehemalige Friedenspartei SPD und die Grünen müssten uns schützen. Sie tun es nicht. Fortschrittliche Medien und NGOs könnten gegen militärische Interventionen angehen. Aber gerade diese heizen wie zum Beispiel die taz die Konflikte an. Und es werden unentwegt die übelsten Methoden der Manipulation angewandt. Es wäre deprimierend, gäbe es nicht so viele wache NachDenkSeiten-Leser. Albrecht Müller



Für wen arbeiten unsere Spitzenpolitiker? Wer diese Frage nicht stellt, versteht vieles nicht.

Unter Freunden, die nachdenken, streiten wir gelegentlich darüber, in wessen Interesse die deutsche Bundeskanzlerin wohl arbeitet und wo sie und wie sie angebunden ist. Einige Freunde verweisen beim Disput über ihre Rolle zwischen West und Ost zum Beispiel darauf, dass die Bundeskanzlerin bei den Vorbereitungen und dem Abschluss der Minsker Abkommen über den Ukraine-Konflikt ihre Eigenständigkeit gezeigt habe. Ich gehöre zur Fraktion der Zweifler. Angela Merkel ist dann, wenn es drauf ankommt, eng angebunden an die US-amerikanischen Politik. Beim gesamten Disput um Aufrüstung statt Abrüstung und vor allem bei der aktuellen Diskussion über die Beteiligung Deutschlands an einem möglichen Militärschlag in Syrien wird ihre Abhängigkeit und Einbindung sichtbar. Die Bundesregierung hat sich nicht gegen Sanktionen gegen Russland gewehrt. Die Bundesregierung hat die Sanktionen gegen Syrien, die dort gerade für den normalen Menschen schlimme Wirkungen haben, von Anfang an mitgemacht. Die Bundesregierung verliert kein Sterbenswörtchen gegen die Nutzung der Militärbasen in Deutschland für die Kriege des Westens und schon gar nicht sagt sie etwas gegen die Lagerung und Modernisierung von Atomwaffen und die Nutzung von Ramstein für die Drohnenkoordination. Nichts, gar nichts und auch nichts gegen die Ankündigung des britischen Verteidigungsministers, Großbritannien wolle auch über 2020 hinaus in Deutschland militärisch stationiert bleiben.

Mein Fazit: Angela Merkel arbeitet nicht für uns. „Kanzler der Alliierten“, so nannte der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Kurt Schumacher den Bundeskanzler Adenauer einmal; über Merkel könnte man begründet das gleiche sagen.

Vermutlich steht sie unter massiven Druck von USA, NATO und einigen Regierungen Osteuropas, die noch Rechnungen mit Russland offen haben und nicht gewillt sind, dem Geist der Versöhnungspolitik entsprechend dauerhaften Frieden zu schließen.

Auch Bundespräsident Steinmeier ist enger im Westen eingebunden, als viele glauben.

Über seine Rolle gibt es in meinem Freundeskreis einen ähnlichen Disput wie über Angela Merkel. Die weniger Skeptischen verweisen zum Beispiel auch auf das Minsker Abkommen und auf Steinmeiers Versuch, in Kiew eine Verständigung mit dem früheren Präsidenten Vìktor Fedorovič Janukovič und seinen Gegnern zu erreichen. Was da im Februar 2014 ausgehandelt wurde und den weiteren Umgang damit, auch von Seiten der Außenminister Deutschlands (Steinmeier), Polens und Frankreichs, bewerte ich anders als die gängige Meinung. Ich gehe davon aus, dass die Außenminister darüber informiert waren, dass dieses Abkommen nur eine Nacht gelten sollte. Das war ein abgekartetes Spiel zur Erleichterung des Putsches, und Steinmeier wusste davon. Davon bin ich überzeugt.

Was Bundespräsident Steinmeier am 17. September in Vorbereitung seines Besuches in Finnland verlauten ließ, enthält neben schönen Worten über Hass und Nächstenliebe die übliche aggressive und schuldzuweisende Rhetorik gegenüber Russland. Ich zitiere: “Wir müssen klare Worte und eine klare Haltung gegenüber einem Russland finden, das seine Zukunft leider heute eher in Abgrenzung zu Europa als in Zusammenarbeit sieht”, so Steinmeier. Deutschland befürworte deshalb eine entschlossene Vertiefung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, in der Finnland eine wichtige Rolle zukomme.
Quelle: Der Newsticker

Genau vor einer Woche war ich bei einem Vortrag des russischen Außenministers in Berlin. (Mein Bericht siehe hier.) Wie bei vielen Verlautbarungen von russischer Seite und auch vielen Taten ist auch in Lawrows Rede sichtbar geworden, dass die Behauptung, „Russland sehe seine Zukunft heute eher in Abgrenzung zu Europa als in Zusammenarbeit“ schlicht die Unwahrheit ist.

Die wahrheitswidrigen Äußerungen Steinmeiers beim Finnland Besuch zeigen, dass auch unser Staatsoberhaupt alles andere als eine unabhängige Persönlichkeit ist. Das konnte man übrigens schon sehr viel früher und schon mehrmals feststellen.

Nach meiner Einschätzung hat er seine Ämter wie auch Angela Merkel ihre Ämter wesentlich seiner atlantischen Einbindung und Führbarkeit zu verdanken

Merkel ist in ihrer Partei gut aufgehoben, die Fraktion der auf militärische Intervention versessenen Atlantiker beherrscht zentrale Funktionen in der Bundesregierung und in Merkels Partei, der CDU.

Wie schon erwähnt: Merkel hat den Rüstungbegehren und kriegstreibenden Forderungen der „Verteidigungs“ministerin von der Leyen nie widersprochen. Von der Leyen konnte bis zur Unerträglichkeit aus der Reihe tanzen. Sie war der Unterstützung durch die Bundeskanzlerin offenbar hundertprozentig sicher.

Mit in die gleiche Gruppe der undifferenzierten Westbindung gehört der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU). Er hat in einem Interview mit Claus Kleber im Heutejournal am 11. September die Beteiligung an einem Militärschlag quasi ohne Vorbehalte unterstützt. Siehe hier:

Kriegsgefahr und Kriegspropaganda
Heute Journal vom 11. September 2018 mit einem Bericht zu Idlib
Quelle: zdf.de

Ab Minute 6:58 wird über Syrien berichtet und dann ab Minute 9:58 bis 15:06 folgt das Interview zwischen Claus Kleber und Norbert Röttgen (CDU) dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses.

Da wird die ganze Serie von Behauptungen und symbolischen Wörtern gebraucht: erbarmungslose Bombardements, Fassbomben; der Einsatz von chemischen Waffen durch die syrische Regierung wird als bewiesen unterstellt; kein Wort davon, dass dies inszenierte Chemiewaffeneinsätze gewesen sein könnten; kein Wort davon, dass der Westen und die Saudis und andere Staaten am Golf diesen „Bürgerkrieg“ (wie Kleber das nennt) vom Zaun gebrochen haben. Der CDU-Abgeordnete gibt dem militärischen Einsatz der Bundeswehr zusammen mit den USA, Großbritannien und Frankreich eine höhere Weihe der Menschlichkeit. Kein Hinweis auf das Völkerrecht. Kein Hinweis auf den Vorbehalt der Zustimmung durch den Deutschen Bundestag. Die CDU ist auf dem Kriegskurs.

Nun noch zu SPD und ihr nahestehende Publikationen der Friedrich-Ebert-Stiftung

Auf diesen unseligen Beitrag von Jan Techau im Journal IPG der Friedrich-Ebert-Stiftung hatten wir in den Hinweisen schon aufmerksam gemacht:

Das vorschnelle Nein – Warum die übereilte Festlegung gegen eine Militärintervention in Syrien außenpolitisch schadet.
Quelle: www.ipg-journal.de


Daraufhin wies uns ein Leser der NachDenkSeiten darauf hin, dass der für die Außenpolitik zuständige Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sich am 12.9.2018 ganz anders und vernünftig geäußert habe. Diese Wertung trifft für die Überschrift des Artikels zu, aber nicht für den Inhalt:

Luftschläge sind kein Ersatz für Syrienstrategie – Warum sich Deutschland nicht an Vergeltungsschlägen gegen Syrien beteiligen darf.
Quelle: www.ipg-journal.de


Zu diesem Beitrag werden die NachDenkSeiten in der kommenden Woche die Bewertung einer Expertin veröffentlichen. So viel von meiner Seite schon vorweg: Mützenich benutzt leider die üblichen Manipulationsmethoden: er verkürzt die Geschichte des Krieges in Syrien, lässt den Anfang und die Verantwortlichen für den Anfang einfach weg, er übernimmt den durch Wiederholung eingetrimmten Jargon über Assad und nutzt auch noch die üblichen Phobien gegen Russland.

Immerhin leistet er auch einen Beitrag zur Aufklärung. Er weist darauf hin, dass die „amerikanische Regierung, nicht zuletzt in Gestalt des US-Botschafters Grenell, Deutschland in die Pflicht nehmen möchte und massiven Druck ausübt“. Bei Merkel und Röttgen hat der Druck schon gewirkt. Siehe oben.

Warum schreibe ich zum Wochenschluss einen so düsteren Text? Nicht zum Spaß. Leider müssen wir uns Gedanken darüber machen, dass es zu einer großen kriegerischen Auseinandersetzung kommen könnte. Ich wollte mit diesem Text wie üblich dazu auffordern, weiter aufzuklären. Viele, viel zu viele Mitbürger ahnen nicht, wie kritisch die Entwicklung gerade bei der Frage Krieg und Frieden ist.
P. S.: Wir werden nächste Woche auch einen Text über Stanislaw Petrow bringen, der vor 35 Jahren die atomare Apokalypse verhindert hat.





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